Ralf Ahlers, Neue Strasse 8, 38533 Vordorf

[Leidenschaft][Motorrad] & [Reisen]


Seit 1989 jedes Jahr auf dem Motorrad im Urlaub unterwegs.

Da gibt es einiges zu erzählen...

2024 Italien [Der Apennin]

Ab jetzt beginnt unsere neue Geschichte. Es verbleibt ein überschaubarer Zeitraum für mich und die liebe Ehefrau, bekannt als die beste Sozia von allen, bis wir endlich wieder mit dem Motorrad in europäischen Gefilden unterwegs sein dürfen. Wir freuen uns auf diese Reise ganz besonders, weil wir aus den letztjährigen Aktivitäten einiges gelernt haben und dieses Mal versuchen es definitiv "besser, schöner, wirksamer, lohnenswerter, ..." zu machen. Ich werde mir etwas später natürlich die Zeit nehmen und euch an unseren Veränderungsprozess heranführen...

Nur so viel sei vorher schon einmal erwähnt, es geht in die geographische Mitte Italiens und dabei auch noch hoch hinaus. Doch vorher kommt mein Freund und bester Motorradspediteur, der Armin Geier von www.bike-and-sun.net ins Spiel, da er für den Transport der Maschine bis nach Florenz verantwortlich ist. Viel vorzubereiten gibt es sowieso nicht mehr. Vom sog. "Probepacken" bin ich nach über dreißig Jahren Motorradurlaub Lichtjahre entfernt. Alle Taschen haben ihren Platz und der dazugehörige Inhalt sowieso. Das funktioniert mittlerweile im Tiefschlaf. Jetzt heißt es warten...

Der erste Urlaubstag war auch gleichermaßen unser Tag der Anreise. Er war geprägt von einem hohen Grad an Müdigkeit und Erschöpfung, weil wir seit 02°° morgens ununterbrochen wach waren, um mit dem Flugzeug von Deutschland nach Florenz zu fliegen und dort das Motorrad in Empfang zu nehmen. Der Mangel an Schlaf und Temperaturen um die 30°C, machten im Verlauf der ersten Tour den Wunsch nach einem "Ankommen" onmipräsent. Selbst häufiges und viel trinken konnte an dem Gesamtzustand nicht viel ändern und so war es klar das wir unser Tagesziel nach rund 180 km noch zwingend erreichen müssen, damit wir uns ein klein wenig regenerieren können. Bei einem Blick auf die Landkarte gab es nur ein Ziel, welches uns lohnenswert und abwechslungsreich erschien. Es sollte der Lago di Trasimeno, mit der Ortschaft Passignano sul Trasimeno werden. Viel passiert ist nicht mehr. Nach einem kurzen Schlendrian an der Wasserlinie durch den überschaubaren Ort, brauchte es nicht mehr lange bis zur verdienten Bettruhe...

Noch befinden wir uns in der Toskana, jedoch sind wir meilenweit von den allenthalben bekannten Klischees dieses unsagbar schönen Landstrichs entfernt, denn sanft verlaufende Berge und Straßen, langgestreckte Einfahrten zu Öl-, oder Wein produzierenden Betrieben, oder gar die steil in den Himmel wachsenden Zypressen sind nicht einmal ansatzweise zu erkennen. Schade, es wäre eine schöne Verabschiedung gewesen, denn wir durchfahren als nächstes Umbrien, mit so wunderschönen Orten wie... Bettona, Montefalco, Trevi, die historisch wertvolle Stadt Assisi und vor allem Gubbio. Alle und zwar ausnahmslos alle Städte sind einen Besuch, einen Aufenthalt, mindestens aber eine "Durchreise" wert. Wir haben uns auf drei konzentriert, die da lauten: Bettona, Trevi, "irgendwie (k)ein bißchen" Assisi, vor allem aber - und das sogar hochemotional - Gubbio. Alle würde ich ohne zu zögern sofort noch einmal besuchen. Nach unserer umfangreichen Recherche war uns natürlich bewusst das man die Stadt Assisi nicht "einfach mal besuchen" kann. Dort fährt man "nicht einfach so rein". Im weiteren Umfeld der Stadt existieren große Parkplätze für Busse und Autos, die die Zufahrt von Kraftfahrzeugen steuern. Es scheint perfekt organisiert. Die Stadt liegt auf einer Anhöhe und ist schon von weitem zu sehen. Als Motorradfahrer standen wir vor dem immer geltenden Problem, wohin mit all' dem Gerödel, wenn man sich eine vollumfängliche Besichtigung wünscht? Meiner Meinung nach ist das nicht möglich. Darüber kann man diskutieren, meine Meinung dazu steht jedoch fest, deshalb verzichte ich auf Diskussionen. Zu lange bin ich mittlerweile mit dem Motorrad unterwegs. Man muss den Tag ausschließlich darauf ausrichten und von vornherein die passende Kleidung und Menge an Gepäck vorbereiten. Das es sooo beliebt und stark frequentiert ist, war uns nicht bewusst. Im Ergebnis sind wir dann auf Feldwegen so nah wie legal möglich an die Stadt herangefahren und haben dort pausiert, die Drohne steigen lassen und fotografiert.

Für Gubbio, unserem Tagesziel, galten andere Voraussetzungen! Hier hatten wir den Aufenthalt fest geplant und unser Hotel wissentlich in der Altstadt platziert. Nach der Ankunft dann schnell umgezogen und in Freizeitkleidung auf große Entdeckertour. Was für ein Gewinn für Herz und Seele. Ganz großes Kino für die Sinne. Klein, überschaubar und ausgesprochen wenig Menschen auf den Beinen. Wir befinden uns außerhalb der Saison und profitieren davon spürbar. Der Ort versprüht so viel Charme, Charakter und Historie, so das wir beim genussvollen Schlendern Raum und Zeit vergessen und in der Folge darauf auch fast unser Abendessen. An jeder Ecke gibt es Motive, die mit dem richtigen Augenmaß betrachtet, begeistern. Wir sitzen, schauen anderen Leuten zu, resümieren über das bisherige woher und das zukünftige wohin. Unser Tipp für alle Nachmacher, die es versäumt haben die vorher genannten Orte für sich aufzusuchen. Im Herzen des Apennin sind wir noch nicht, mit dieser Stadt aber so nah dran, dass wir nur noch dem Arm ausstrecken müssen. Am Folgetag wird es definitiv losgehen...

Wir verlassen Buggio mit einem tollen Gefühl. Die Entscheidung für den Ort war auch im Nachhinein goldrichtig. Das Hotel war großartig und der Start in die Berge der Apenninen könnte nicht besser sein. Wir verlassen den Ort und sind quasi mittendrin, statt nur dabei. Unser Tagesziel könnte die Stadt L'Aquila werden. Könnte, nicht müsste. Wir lassen uns nicht hetzen, wir haben Zeit... viel Zeit.

Auf dem Weg in die Hauptstadt der Abruzzen haben wir dieses Mal wenig anzuschauen, wir widmen uns endlich auch wieder dem uneingeschränkten Fahren in einer beeindruckenden Bergregion. Wir durchqueren unzählige Nationalparks und sog. Schutzgebiete. Der größte davon ist der "Parco Nationale dei Monti Sibillini" der seinen Namen der gleichnamigen Gebirgsgruppe der Sibillinischen Alpen verdankt. Ich könnte vor lauter Begeisterung laut juchzen ob der Begeisterung beim Durchqueren der eben genannten Regionen. Aber jeder von euch, der mit Leidenschaft, Kopf und Sachverstand in den Bergen unterwegs ist, der weiß, daß bei adäquater Fahrweise, der Spaß unendlich ist. Adäquat bedeutet für mich, immer mit dem Unmöglichen hinter der nächsten Kurven zu rechnen und nie den Verstand auszuschalten. Das muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden, aber ich hole mir daraus den einprägsamsten Fahrspaß. Das größte Highlight des heutigen Tages, welches einiges an Zeit bei uns verschlungen hat, war das Entdecken der Linsenblüte in Castelluccio!! Ja, die Linsenblüte! Im Internet steht dazu...

"Zwischen Ende Mai und Mitte Juni jeden Jahres ereignet sich ein magisches Naturschauspiel der Mohnblüte in Castelluccio di Norcia. Die sonst saftig grünen Felder erleben eine regelrechte Farbexplosion, wenn die zahlreichen Mohn- und Linsenblüten sowie Narzissen, Veilchen, Kornblumen und Enziane in den schönsten Gelb-, Rot-, Weiß- und Blautönen erblühen."

Der richtige Zeitpunkt ist von vielen Faktoren, vorrangig dem Wetter und den Temperaturen abhängig. Man wird das kaum auf den Punkt genau abschätzen können, auch wir haben nicht alles blühen gesehen. Vorher fährt man durch ein langgestrecktes Tal mit einem wunderschönen Straßenverlauf, um dann hinter der Bergkuppe in eine Schockstarre der Begeisterung zu verfallen. Anhalten, Klappe halten, fotografieren...

Der Weg nach L'Aquila war kurz vor der Stadt eine Herausforderung der besonderen Art, denn die Anfahrt dorthin war gespickt mit Umleitungen und Straßensperren, die sich nicht sofort für uns erschlossen haben. Ich kann im Nachhinein natürlich nicht mehr nachvollziehen wie viele Kilometer Umwege wir gefahren sind, aber die Straßendichte und damit einhergehend auch die Alternativen sind in den Bergen dünn gesät. In der Verbindung mit den Baumaschinen und Lastenkränen, von denen gefühlt in jedem Ort mindestens einer steht, war uns klar, dass hier nicht im großen Stil gebaut und infrastrukturell erweitert wird, sondern die Folgeschäden der großen Erdbeben von 2009 und auch 2016 wieder aufgebaut werden. Der Straßenbau ist eine Sache, verlassene Ortschaften und die vielen Risse / Schäden an den Gebäuden eine andere. Bis zum Einsturz ist alles dabei. Sehr, sehr viele Gebäude werden mit einem Gerüst skelettartig von allen Seiten gegen weiteren Einsturz gesichert. In L'Aquila haben wir das mit den Bauarbeiten und Umleitungen als so störend empfunden, dass wir unsere Basis für die Folgetage außerhalb eingerichtet haben. In Verbindung mit dem Straßenverkehr war eine Zielerreichung eine Katastrophe.

Die Region um das "Grand Sasso - Massiv" (2.912 mtr.) und die Hochebene des "Campo Imperatore" (Kaiserliches Feld: 2.130 mtr.) ist weder mit zwei Sätzen, noch mit drei Fotos abgehandelt. Interessanterweise auch nicht mit einem Tag Aufenthalt, oder der schlichten Durchfahrt dessen. Als Basis für einen mehrtägigen Aufenthalt hat sich die "Osteria della Posta" in Poggio Picenze herauskristallisiert. Tolles, großes Zimmer, Parkplatz vor der Zimmertür, phantastische italienische Nudelgerichte von sehr guter Qualität und einem tollen Preis/Leistungsverhältnis. Die Nettigkeit des Personals verdient gleichermaßen einen Daumen hoch! Wer nach o.g. Zielgebiet im Internet sucht, bekommt Ski fahren und Wandern als top Ergebnisse zu lesen. Motorradfahren eher selten, im Prinzip gar nicht. Gleichgesinnte Kollegen auf zwei Rädern unterwegs? Fehlanzeige! Prima. Tourismus? Fehlanzeige! Prima. Die Jahreszeit haben wir perfekt gewählt. Wolken, Sturm und Regen im Kampf miteinander, wir mittendrin. Um ins herum alles noch sattgrün und in voller Blüte. Nicht der braune, trockene Einheitsbrei vom Sommer. Das Wolkenspiel und die Kontraste von Sonnenlicht und Schatten auf der endlos erscheinenden Fläche. Perfekt! Wir sind auf dem Campo Imperatore hoch und runter und von links nach rechts, inklusive drumherum mit allem Schnick & Schnack. Wir haben es genossen. In vollen Zügen und mit vollem Benzintank. Natürlich haben wir auch den Buckel richtig nass bekommen. Auf dem Weg zum Gipfel des Grand Sasso z.B. Irgendwo unterstellen...?! Klar, in einer der verfallenen Hütten für die Schafe. Ansonsten eine Negativmeldung. Aber ganz oben war es ein Schauspiel ohne Worte. Wolken zum Greifen nah und Farbenspiele die keiner malen kann. Selbst Fotos werden Schwierigkeiten mit der Wiedergabe haben. "Sehenswürdigkeiten" sind in dieser Einöde spärlich gesät... könnte man meinen! Ich zeige euch einige, die uns total begeistert haben. Nicht neu, aber "besonders".

Wir beginnen mit der Umrundung des Lago Campotosto...

Mit 14 km² zählt er zu den größten künstlichen Seen Europas. Das Drumherum fahren ist mittelmäßig spektakulär, die Straße verwildert zusehends und wird sich selbst überlassen. Kurvig ist sie ohne jeden Zweifel. Hier frage ich mich erneut: Wer wohnt hier? Und warum? Was macht man hier...? Unser nächstes Ziel ist der sperrige Name: "Parco Nationale de Gran Sasso e Monte delle Laga". Ein weiteres Highlight unser Nationalpark - Tour ist der Besuch des Ristoro Mucciante. Normalerweise brennt hier ober der Busch. Im wahrsten Sinne des Wortes. Hier wird gegrillt bis der Arzt kommt. Normalerweise. Heute jedoch nur sehr eingeschränkt. Warum? Das Wetter ist suboptimal, weil kühl, windig und feucht. Und wir sind außerhalb der Saison. Eine Goldgrube für die Besitzer des Restaurants. Mit Sicherheit. Hunderte von Sitzplätzen und unendlich viele Grillstationen deuten auf einen Ausnahmezustand hin. Normalerweise!

Was passiert hier...?

Du kaufst in der Hütte dein Fleisch und grillst es draußen mit hunderten anderer Personen. Du quatscht, grillst und fühlst dich super, lernst neue Leute kennen. Genau wie bei uns. Die Umgebung ist der Kracher. Wer da keinen Appetit bekommt, bei dem ist Hopfen und Malz verloren. Das geniale: Alle Fleischstücke und Würste haben genau die Größe der länglichen Grills. Da kannst du nichts falsch machen. Das funktioniert auch für Dummies. Was unbedingt auf den Grill muss, könnt ihr hier nachlesen: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Arrosticini Wir haben uns für euch geopfert und bestätigen diesen Hotspot als "must see" und ärgern, wenn "not done". Die Dreharbeiten zum Terence Hill & Bud Spencer Film "Vier Fäuste für ein Halleluja" wurden hier auch in Teilen gedreht. Eine Erinnerung daran findet sich hier in der Nähe. Und WER hat diese Filme in seiner Jugend nicht geschaut...? Unser letzter Beitrag zum vorher genannten Nationalpark beinhaltet noch ein paar schöne Details für die geneigte Leserschaft, denn der Tag ist noch nicht zu Ende und das Wetter und die Natur verursacht noch so manche Kapriole.

Während der Anfahrt zum Gipfelplateau des Gran Sasso entlud sich sich der Regen aus vollen Toren, was aber weniger wurde, je näher wir dem Gipfel kamen. Das sog. "Mussolini - Hotel" ist leider gesperrt und nicht einmal durch die Hintertür zu erreichen. Kameras zeigen die Dringlichkeit des Schutzes, denn es soll auch jetzt noch Fans / Anhänger des ehemaligen Diktators geben, die das Hotel als Wallfahrtsort nutzen. Selbst das historische Schild am Einhang, welches auf den Aufenthalt und die spätere Entführung Mussolinis durch Adolf Hitler hinweist, ist mittlerweile "verschwunden". Die Historie ist, wie bei vielen LostPlaces, sehr interessant: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Hotel_Campo_Imperatore In der Gipfelstation befindet sich die alte Seilbahn, die schon seit vielen Jahren nicht mehr in Betrieb ist. Für tolle Fotos taugt sie aber immer noch. Wer vor dem gläsernen Panoramfenster steht, kann direkt die Tiefe schauen. Ein bleibender Eindruck. Trotz des eher mäßigen Wetter verfliegt die Zeit. Für das Schauspiel, welches die Natur uns bei der Abfahrt bietet, hätte sie einen Oskar verdient und stehende Ovationen. Hinter jeder Kurve ein neuer, bleibender Eindruck. Wolken, die sich anfassen lassen. Grandios! Glücklicherweise tut sich - tief in einem Tal - doch noch ein LostPlace auf, der einen Besuch auf unbefestigtem Weg erfordert. Die ehemalige Verwendung erschließt sich nicht sofort, aber alte Seilbahntrassen und die Bauform erinnern an eine Wintersportanlage vergangener Zeiten...

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass wir noch in den Bergen der Apenninen unterwegs sind und uns die Ortschaft Rocca Calascio angeschaut haben. Etwas oberhalb muss man ein wenig klettersicher sein, um sowohl die alten Festungsmauern [Castello di Rocca ...] wie die kleine Kirche [Chieso di Santa Maria della Pieta] anschauen zu können. Was den Ort so wunderschön macht, ist einzig die Lage auf einem sehr schmalen Bergrücken, mit einer phantastischen Fernsicht in alle Himmelsrichtungen. Mit dem Motorrad dort zu parken, dürfte auch in der Saison immer machbar sein. Wahlweise ist die Anfahrt offroad oder auf befestigten Straßen möglich.

Immer nur Wind, Wetter und Wolken klingt nach harter Biker, geht aber auf die Psyche und schlägt auf das Gemüt. Der liebe Gott hat glücklicherweise in die Nähe der Berge des Apennins eine Küstenlinie gelegt, die trotz der vielen Kurven nur fünfzig Kilometer weit entfernt ist und welche von Urlaubern und Italienern gleichermaßen geschätzt wird. Wir nutzen diese Option auch und planen zwei volle Tage Entspannung für die Seele ein. Der Geruch und das Geräusch von Meerwasser und Brandung hat immer etwas besonderes, nein, etwas beruhigendes an sich. Der Profi wird lächeln und sich fragen wo denn an der Adria ein freies Plätzchen für die Seele bleiben soll. Und er wird Recht behalten, denn dort brennt zur Saison der Busch. Aber wir tricksen den Profi aus und werfen die Vorsaison in die Waagschale. Hier ist derzeit wirklich nichts los. Strand leer, Hotel günstig, Ortschaft [nahezu] leer Ein bisschen Recherche und schon lässt sich in was finden, versprochen.

"Die Trabocchi sind eindrucksvolle Holzgebäude, die einige hundert Meter vor der Küste gebaut wurden und über recht stabile Gehwege mit dem Festland verbunden sind. Der südlichste Teil der Abruzzen ist durch das Bestehen solcher Gebäude geprägt und wird deshalb Costa dei Trabocchi genannt".

Der ursprüngliche Verwendungszweck ist nicht mehr gegeben, heute sind es oftmals Fischrestaurants über dem Wasser mit einem ganz besonderen Flair. Das wir das nächste Kleinod auf dieser Reise für uns vereinnahmen können, ist allein dem schlechten Wetter geschuldet, welches uns bei der Durchquerung der Sagittario Schlucht erteilte. Danke dafür. Der ursprüngliche Gedanke, die oben genannte Schlucht zu durchqueren, den Lago di Scanno linksseitig zu passieren und den Lago di Barrea als Punkt der Kehrtwende zu nutzen, scheiterte am heftigen Niederschlag, der uns uns an der Sinnhaftigkeit der weiteren Tour zweifeln ließ. Wer durch das Visier nichts sieht, in klammen Klamotten auf dem Motorrad sitzt und wegen der nassen Straßen auch nicht konzentriert fahren kann, der sollte umkehren, wenn es möglich und sinnvoll erscheint. Wie ihr sicherlich wisst, haben wir uns ein paar Tage als nutzbringende Reserve bereit gelegt und stehen auch heute faktisch nicht unter Druck. Insofern war die Umkehr in die Stadt Sulmona für uns geschriebenes Gesetz, welches uns die Möglichkeit offenbarte, schon am frühen Nachmittag nach dem Ablegen und Trocknen der Kleidung im Hotel, den Ort ausreichend intensiv zu besichtigen. Für diesen Ort haben wir schon von zu Hause aus einen Like in unserem Navigationssystem hinterlegt und wenn es alles gepasst hätte, wäre das sowieso ein Bestandteil des weiteren Tagesverlaufs geworden. Das vorhandene Zeit / Strecke – Kontinuum hat es uns anfänglich verwehrt, was wiederum durch das schlechte Wetter wieder umgekehrt wurde. Die charmante, sehenswerte Stadt in der Provinz L’Aquila besticht durch viele noch erhaltene mittelalterliche Gebäude. Neben den für Italien so typischen Kapellen und Kirchen erwartet uns vor allem lebendige Geschichte, die die hautnah erleben, anfassen und sehen lässt. Großes Kino! Bekannt ist die Stadt u.a. für das bunte Confetti (Mandelkonfekt) und den roten Knoblauch. Einen tollen Beitrag zur faszinierenden Geschichte des Mandelkonfekts [Konfetti] könnt ihr hier nachlesen… https://www.die-genussreise.de/.../der-confetto-aus.../

Außenstehende könnten vermuten das ich unter dem ständigen Einfluss stimmungssteigernder Medikamente stehe, weil ich nur noch Superlative wie „wunderschön“, „noch nie dagewesen“, „faszinierend“ und „atemberaubend“ verwende. Aber es sind die Vokabeln die ich gebrauchen muss, weil ich nicht erwartet hatte ein so vielseitiges Reiseland entdecken zu dürfen. Es verging nicht ein einziger Tag ohne „Ahhhs“ und „Ohhhs“. Die Fahrt, die uns durch den Regen glücklicherweise vorerst verwehrt blieb, wird am darauf folgenden Tag natürlich nachgeholt und beinhaltet die Sagattoria Schlucht, den Lago di Scanno, den Lago di Barrea als Wendepunkt und als krönenden Abschluss den „Künstlerort“ Aielli. In Kürze: Der Name Sagittario Schlucht spricht Bände und braucht im Detail nicht erklärt zu werden. Ein wunderbar geschwungenes Kurvenband, linker und rechter Hand der Fahrbahn, in den Tiefen der Schlucht, natürlich ein Fluss und selbstverständlich die klassischen, unbeleuchteten Tunnel. Dazu niedrige Felsvorsprünge, die einem suggerieren, man würde im Berg fahren. Uahhh, ich liebe es. Der Lago di Scanno, der in den SocialMedia Portalen gehyped wird, weil er aus der Luft aussieht wie ein Herz. Das scheint zu stimmen, wenn man sich die Bilder im Internet anschaut. Das scheint aber nur dann zuzutreffen, wenn der Wasserstand des Sees soweit angestiegen ist, dass die Uferlinien sich besser anpassen, als es zum jetzigen Zeitpunkt der Fall ist, denn wenn man in den einschlägigen Kartenportalen nachschaut, ist man Lichtjahre vom Aussehen einer Herzform entfernt und auch der Aufstieg meiner Drohne hat die Herzform nicht bestätigt. Trotzdem sind wir dorthin gefahren, und haben uns das angeschaut. Daumen hoch. Dann ein kleines Päuschen am Restaurant am Lago di Barrea. Hier stehen die Bäume im Wasser und vermitteln die Atmosphäre eines südamerikanischen Regenwaldes. Darf ich ich wieder faszinierend schreiben? Ich könnte so viel schönes schreiben, aber die Leselust der Follower ist endlich. Fazit: Ein Ort zum Verlieben und Ankommen. Für den Weg zu einem Künstlerdorf durchqueren wir den Nationalpark „Parco Nationale D‘Abruzzo Lazio e Molise“. Und je sperriger und länger Name, um so schöner die Durchquerung dessen. Zum Künstlerdorf Aielli gibt das Internet folgendes preis… Hier gilt: Lesen und begeistert sein… https://expedition-abruzzen.de/.../lieb.../aielli-streetart/

Mittlerweile befinden wir uns auf dem Heimweg und verlassen die Bergregion, die uns gute zehn Tage lang extrem gut gefallen hat und bei der man tatsächlich darüber nachdenken kann, sie ein weiteres mal zu besuchen, weil man längst nicht alle Optionen vor Ort gezogen hat. Wir befinden uns in der Region Latium und können den Hinweisschildern an den Straßen entnehmen, dass die Hauptstadt nur knapp 60 km von unserem aktuellen Standort entfernt ist. Doch Großstädte sind dieses Mal definitiv nicht unser Ding, also bleiben es für uns nur Hinweisschilder und keine Empfehlung. Wir besuchen Civita di Bagnoregio, eine mittelalterliche Stadt in Italien mit einem schrecklichen Schicksal, denn sie stürzt langsam aber sicher vom Rand einer Klippe. Einst war der Ort ein blühendes Dorf, doch heutzutage gibt es keine Möglichkeit mehr, ihn vor dem traurigen Untergang zu schützen. Die Stadt, die wechselweise bis zu 100 Einwohner hat, kann für 5 Euro besichtigt werden. Sie wurde vor etwa 2.500 Jahren von den Etruskern auf einem Plateau aus weichem Ton errichtet, mit nur einem einzigen Zugang über einen schönen, riesigen Steinbogen. Als Folge von Naturkatastrophen und natürlichem Verfall im Laufe der Jahre erodierten die Seiten des Plateaus und zerstörten Teile der historischen Architektur der Stadt. Der Zugang ist nicht einfach und gerade in der Sommerhitze eine Herausforderung. Bist du körperlich nicht eingeschränkt und kannst nicht von der besonderen Parksituation direkt an der Brücke profitieren, dann musst du klettern und Treppen steigen. Und im schlimmsten Fall, wenn die Parkplätze alle voll sind, sogar noch quer durch den oben liegenden Ort marschieren. Das ist auch für uns Motorradfahrer eine Herausforderung. Doch wir haben großes Glück das wir unsere Kleidung in die Koffer packen können, weil wir einen zusätzlichen Tag hier platziert haben und sich unser Gepäck im Hotel befindet.

Nach dem Besuch der „verlorenen Stadt“ hatten wir noch zwei Tage Zeit, die ausschließlich für eine lockere Heimreise verplant waren. Die ursprüngliche Strecke änderte sich aber von einem Tag auf den anderen, da wir bei genauerer Betrachtung der Karte festgestellt haben, dass wir ohne Aufwand die Toskana noch einmal durchstreifen und die Orte aufsuchen können, die uns schon 2019 beeindruckt haben. Entgegen der vergangenen Tage hatten wir für den Ausflug in die Toskana keinerlei Ambitionen auf besondere Highlights, Städte oder Strecken und haben uns dieses Mal ausschließlich vom Gefühl und der Lust auf das Reisen leiten lassen. Wir haben wegen der ausgesprochen guten Erfahrungen von damals noch einmal in Siena übernachtet und tags darauf unser Flughafenhotel in Florenz für die Rückreise aufgesucht. Die Vorbereitungen für diese Motorradreise waren so gut wie seit vielen Jahren nicht mehr. Entweder lag es an der faktisch existierenden Ergiebigkeit der besuchten Regionen, oder daran, dass die Reiseführer so detailliert ausgesucht wurden, dass wir die Regionen im kleinsten Detail entdecken konnten. Wir haben es tatsächlich geschafft die bekannten und herausragenden Sehenswürdigkeiten in unsere geschlossenen Tagestouren zu integrieren und hatten nicht das Gefühl, an wesentlichen Punkten achtlos vorbeigefahren zu sein. Großes Kino in diesem Jahr.

Die Entscheidung, von zu Hause aus schon vier Tage ungeplante Reserve mit in den Urlaub zu nehmen, hat sich im Nachhinein als die absolut richtige Entscheidung herausgestellt. Diese Tage waren geeignet, um uns an den Orten noch einmal verweilen zu lassen, die aus unserer Sicht einen besonderen Aufenthalt gerechtfertigt haben. Ohne Zeitdruck, aber mit maximaler Ergebnisausbeute.

Dort haben wir übernachtet: Passignano sul Trasimeno, Buggio, Poggio Picenze, Francavilla al Mare, Sulmona, Gubbio, Piediluco, Siena, Florenz.

Die Reise wurde als Video hier [ab Oktober] aufbereitet.

Kaum zu glauben! Da muss ich erst die 50iger Marke überschreiten um maximale Erfüllung und vollendete Glückseeligkeit beim Motorradfahren zu erleben. Ganz großes Kino. Mit dem Erwerb der BMW RnineT hat sich meine jahrelang gelebte Einstellung, wie man am intensivsten auf zwei mit Benzin betriebenen Rädern unterwegs sein kann, deutlich verändert. Mit einer grundsätzlich anderen Einstellung und den passenden Kleidungsstücken stellt sich ein Gefühl ein, welches auch durch meine BMW R1250GS derzeit nicht überboten wird. Die Anwendungsgebiete sind so unterschiedlich wie die Motorradgattung an sich. Auch wenn sich eine RnineT durchaus als reisetauglich erwiesen hat, wie man in [Motorrad] Reisen (Pyrenäen 2022) vortrefflich nachlesen kann...


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Bildquelle: BMW PressClub

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