Ich fahre seit so vielen Jahren mit dem Motorrad in den Urlaub, da denkst du wirklich dich kann nichts mehr verwundern, doch spätestens dann liegst du wieder einmal falsch... Der diesjährige Sommerurlaub in Südengland war wieder ein Beispiel dafür das die gewohnte und häufig gelebte Vorgehensweise, die ich sonst bei jedem Motorradurlaub an den Tag lege, für den Süden Englands völlig fehl am Platze, ja manchmal sogar destruktiv war. Was will ich sagen? Wenn ich mit dem Motorrad in den Urlaub fahre, dann ist das in jedem Land Europas bisher immer ähnlich.
Ich interessiere mich für die Sehenswürdigkeiten die am "Straßenrand liegen" und die man während der geplanten Tour gut besichtigen kann. Zwischen den Sehenswürdigkeiten fahre ich einfach vor mich hin und genieße die Landschaft, die Leute und alles was ich in mir aufnehmen und verarbeiten kann. Zwischendurch halte ich an, mache Pause, lasse mich treiben und schaue wie ich den Tag mit der geplanten Tour am besten ausfüllen kann. Während meiner diesjährigen Tour war das so leider nicht möglich. Die gesamte Infrastruktur, ich meine die Haupt- und Nebenstrassen des Landes, waren ohne Ausnahme ausschließlich von großen, meterhohen Hecken, Mauern und Wäldern jeglicher Größe gesäumt. Es gab wirklich nur wenig Ausnahmen dahingehend, dass ich während der Fahrt meinen Blick nach links und rechts schweifen lassen konnte. Besonders ärgerlich habe ich es empfunden, als ich auf den küstennahen Höhenzügen von oben aus die Küstenlinie, die Klippen und das Meer hätte sehen können, mir das aber verwehrt wurde, weil der oben gewöhnte Umstand wieder einmal alles zunichte machte.
Wer sich mein Video auf YouTube anschauen möchte, der wird sehr schnell erkennen von welchem Sachverhalt ich hier schreibe. Wir sind morgens gestartet und nahezu ohne Pause, oder eine Abwechselung, bis zum nächsten geplanten Ziel durchgefahren. Ich übertreibe sicherlich ein wenig, aber wenn ich schreibe das nicht einmal Platz zum pinkeln am Strassenrand zu finden war, dann bin ich an der Wahrheit schon ziemlich nah dran! Bei einer Motorradtour durch Südengland ist es meiner Ansicht nach zwingend erforderlich sich vorher schon Gedanken zu machen welche Sehenswürdigkeiten man sich anschauen möchte. Feste, geplante Ziele sind unabdingbar. Ein einfaches "Vorbeifahren (hui, das sieht ja toll aus!!) und dann mal anhalten" ist schwer möglich, da man gar nicht sieht woran man vorbeifährt. Das hatte ich so nicht erwartet und war auch in keinem Reiseführer zu lesen. Jetzt werden mir sicherlich zig andere Motorradfahrer das Gegenteil anhand von eigenen Fotos beweisen können. Das mag alles möglich sein, jedoch habe ich das auf meiner Route so nur sehr selten erlebt. Fakt! Das hat mich wirklich sehr gestört und meine Sichtweise auf den Urlaub nachhaltig getrübt.
Was mich wiederum zu dem anderen Thema bringt, welches Anlass für diese Reise war, denn auf den Tag genau habe ich vor 29! Jahren mit einer Reise durch Südengland den Grundstein meiner großen Reiseleidenschaft mit dem Motorrad gelegt. Damals, noch unterwegs mit meiner HONDA CB250N, war wirklich alles anders. Beim Betrachten der alten, verblichenen Fotos ist das deutlich zu erkennen. Wenn ich mir die alten Bilder anschaue, dann sollte man meinen es käme so etwas wie Wehmut auf. Dem ist jedoch nicht so, denn wenn ich sehe wie ich damal angezogen war, dann wird mir heute - im Bezug auf Wetterschutz und Sicherheit - Angst und Bange. Seit diesem Zeitpunkt bin ich wirklich jedes Jahr mit dem Motorrad unterwegs gewesen. Ohne Ausnahme!! Südengland ist auch nur deshalb als Ziel auserkoren worden, weil ich in Europa schon nahezu alle Ziele mit dem Motorrad bereist habe. Mich hat 2018 kein anderes Land mehr angefixt. Hmmm. Also habe ich mir ein Motto ausgesucht, an dem es galt sich entlangzuhangeln. Mein 29- jähriges Jubiläum kam mir deshalb gerade recht.
Im großen und ganzen war Südengland ein sehr schönes Reiseziel, denn ich mag die Briten. Es war halt in diesem Jahr so "unspektakulär". Hier ein wenig geschaut, dort ein wenig geschaut, ansonsten sind wir halt gefahren. Wir haben von dem "Jahrhundertsommer 2018" profitiert und hatten lediglich an zwei Tagen Regen. Wobei Regen schon sehr vorsichtig formuliert ist. Unsere 300 Kilometer nach London, oder etwas früher nach Lynmouth, bezeichne ich eher als eine Wasserdurchfahrt. Der Besuch der Hauptstadt war in jedem Fall ein lohnendes Ziel. Unbedingt machen! Es gibt so unwahrscheinlich viel zu sehen, dass selbst ohne einen kulturellen Hintergrund ohne Museen oder ähnlichem, zwei Tage zwingend nötig sind. Aber England und auch London sind sehr teuer. Die Unterkünfte - mit ein, oder zwei Ausnahme - sind das Geld nicht wert, welches dafür ausgegeben wird. Oder man bezahlt halt mehr. Lose Duschschläuche, leckende Wasserhähne, klemmende Warmwasserzufuhr, oder angeschmutze Bodenbeläge waren durchaus die Regel. Das war unangemessen. Die Seebäder in Brighton und Eastbourn sind zwingend einen Besuch wert. Auch wenn der Konsum und Kitsch dominiert, so sind an den Geschichten der alten Piers doch schöne Historien anhängig die man dort in der Form von alten Fotos und Texten anschauen kann.
Das haben wir gesehen:
Sissinghurst Castle & Gardens: Hmmm. Der Eintritt von üppigen 13 Pfund war, gemessen an dem was dort zu sehen war, schon ganz ordentlich. Ganz flach formuliert handelt es sich um einen sehr großen Landsitz mit einem angrenzenden großen und gut gepflegten Garten. Die Besichtigung bei schönem Wetter war große Klasse aber - wie schon erwähnt - deutlich zu teuer.
Seebad Hastings: Die Enttäuschung des ganzen Urlaubs! Die Stadt und der Pier haben nichts mehr was einen begeistern könnte. Schade, aber in der Stadt gibt es zu viele leere Geschäfte und außerdem zu wenig zu sehen. Die "Qualität" der Geschäfte war auch eher ungewöhnlich und lud mich nicht ein einen weiteren Blick zu riskieren. Die Stadt hat von seinem einstigen Glanz, den ich auch noch kenne, sehr viel verloren. Leider wussten wir das vorher nicht und haben somit eine Übernachtung vergebens getätigt.
Seebad Eastbourne: Schade! Die Entfernung zwischen Hastings und Eastbourne beträgt nur ein paar Kilometer, die Attraktivität ist jedoch um Lichtjahre besser. Wenn wir das eher gewusst hätten, dann hätten wir die Übernachtung dort getätigt.
Die Steilklippen "Beachy Head": Unbedingt anschauen! Bis zu 160mtr. hoch und steil abfallend ist dieses Landschaftsbild ein "must do", an dem man sich ein ganzes Weilchen aufhalten kann. Wer dann noch Zeit und Muße hat an den Steilklippen spazieren zu gehen, der wird sicher nicht enttäuscht. Ein paar Kilometer weiter gibt es einen weiteren Punkt der zwingend sehenswert ist, die "Seven Sisters".
Seebad Brighton: Brighton war schon ziemlich geil. Die Atmosphäre, die von diesem riesigen Pier ausgeht, wird niemanden kalt lassen der sich ein klein wenig dafür interessiert und vielleicht nur deshalb in die Stadt gefahren ist. Aber auch die Stadt selber bietet sehr viele schöne Sachen an, die es zu besichtigen gilt. Diese hier aufzuzählen würde den Rahmen sprengen; zumal ein Klick im Internet die besten Ergebnisse liefert. Wir hatten nichts spezielles vor, dafür hatten wir zu wenig Zeit. Wir sind einfach nur durch die Stadt geschlendert und haben uns gegen Abend am Strand aufgehalten, etwas gegessen und dem tollen Treiben zugeschaut. Auf dem Pier waren wir sehr lange. Es ist eine Stimmung die mich persönlich voll gefangen hat, auch wenn der Lärm der Spielbuden und die vielen Jahrmarktkarussells einem doch schon sehr „auf den Sack“ gehen können. Wer sich jedoch bei schönem Wetter einen Liegestuhl ergattern kann, der erlebt eine tolle Stimmung und ein reges Treiben, welches einen mit viel Phantasie in die „gute alte Zeit“ zurückversetzt… Das auch wir einige Pfund in den Schlitzen der Geldautomaten versenkt haben, darf nicht unerwähnt bleiben. Glück hatten wir jedoch keins!
Midhurst Castle: Midhurst Castle haben wir ausnahmsweise mal von der Strasse aus gesehen und uns dann entschieden diese Ruine auch mal von der Nähe anzuschauen, was jedoch aus unserer Sicht den Einsatz nicht gelohnt hat!
Dartmoor Nationalpark: Der Dartmoor – Nationalpark hat sich landschaftlich wirklich gelohnt, weil er sich genau so präsentiert hat, wie man sich das Zusammenspiel von Wetter und Hochmooren in England so vorstellt. Es war ausnahmsweise in diesem Urlaub mal sehr windig und nieselig. Mit 10° C auch ausgesprochen kühl! Der Nationalpark begeistert durch die schöne „moorige Einöde“ und die vielen Pferde und Schafe, die hier frei herumstreunen dürfen.
Charlestown: Der Ort Charlestown war ein Glücksgriff und wurde von uns durch "Zufall" gefunden weil wir wegen einer Regenpause die Unterkunft für den Abend im Handy suchen wollten. Wir hatten keine Zeit uns den Ort vorher anzuschauen, haben unser Motorrad am Hafen geparkt, nach einer Unterkunft gesucht und durch Glück das Hotel gefunden, welches sich direkt am Hafen befand. Wow! Hier an diesem Ort hat wirklich alles gepasst was passen kann. Das Hotel war fantastisch, hatte einen attraktiven Preis und wir hatten einen wunderschönen Blick auf das Wasser. Vor dem Abendbrot sind wir noch am Meer entlangspaziert und haben unsere Seelen baumeln lassen. Unser Tipp! Nachmachen.
Lost Gardens of Heligan: Von den Lost Gardens of Heligan habe ich mir ein wenig mehr vorgestellt. Dieser Besuch war ein besonderer Wunsch meiner Frau, die sich diesen großen Garten mit Gärtnerei und Skulpturen - von dem sie im Internet gelesen hat - natürlich anschauen musste. Letzten Endes handelt es sich um ein riesiges Areal, welches vor vielen Jahren von einem reichen Mann gekauft wurde um es dann im Laufe der Zeit so umzurüsten und zu gestalten, wie man es jetzt vorfindet. Selbst wenn man nur einen kleinen Teil dieses Gartens besichtigt, braucht man schon einige Stunden um sich alles anzuschauen.
Tintagel (Castle): Die Entfernung der Burgruine bis zu unserem Parkplatz war uns an diesem Tag zu lang. Zudem hat es ein wenig genieselt und wir hätten keine Motorradsachen am Motorrad hinterlegen können. Wir haben uns die Reste der Burg aus der Ferne angesehen und waren aber einhellig der Ansicht das die ganze Rennerei und Kletterei nicht Prio eins für uns waren. Wir hätten uns gerne endlich mal was antikes angeschaut, aber auch hier wurde uns ein Strich durch die Rechnung gemacht.
Bideford: Auf dem Weg in den Norden Cornwalls, nach Minehead, hat uns ein Unwetter erwischt, welches ich so schon lange nicht mehr auf dem Motorrad erlebt habe. Die Sicht auf den Straßenverkehr und das Vorankommen mit dem Motorrad tendierten gegen Null. Aus lauter Verzweiflung und dem tiefen Wunsch folgend, trockene Klamotten am Körper zu haben, übernachteten wir in Bideford. Schade, unser Tagesziel, die Stadt Lynton müssen wir dann am Folgetag erneut in Angriff nehmen.
Lynton / Lynmouth: Wunderschön, aber wieder einmal (viel) zu wenig Zeit sich alles in Ruhe anzuschauen, oder gar eine Übernachtung einzuplanen, schade! Die Lage dieser Ortschaft ist einmalig schön. Eingebettet zwischen hohen Felsen, direkt am Meer gelegen. Auch hier..., mein Tipp!
Minehead: Die Stadt Minehead war das Ziel unseres Ruhetages. Und wir haben es nicht bereut. Eine Stadt wie sie englischer nicht sein kann hat mich total begeistert. Ich liebe Orte, die direkt am Meer liegen, einen großen Hafen haben und wo das Leben auf dem Strand von Ebbe und Flut gesteuert wird. Wir hatten großes Glück bei der Suche nach der Unterkunft, denn nur ein paar hundert Meter von der Promenade entfernt, konnten wir unsere Unterkunft beziehen. Wer die Möglichkeit hat diese Stadt zu besuchen und dort zu verweilen, dem gebe ich meine dringende Empfehlung.
London: Den Aufenthalt in London hier näher zu erläutern würde den zur Verfügung stehenden Rahmen sprengen. Diese Stadt hat so viele Sehenswürdigkeiten und Orte an denen man sich aufhalten und Neues entdecken kann, wie ich es selten in einer anderen europäischen Metropole kennengelernt habe. Wir hatten Glück mit dem Wetter und somit konnten wir zwei Tage lang das große Touristenprogramm abspulen. Unsere Unterkunft war im Besitz eines christlichen Vereins und somit äußerst gut gepflegt, preisgünstig und zudem noch nahe der Tower Bridge gelegen. Die U - Bahn direkt vor der Tür, Herz was willst Du mehr?
Das "Ace - Café": Wenn ich nicht mit dem Motorrad vor Ort gewesen wäre, hätte ich das Café sicher nicht aufgesucht, denn dafür ist es zu weit außerhalb Londons. Das ich es mit dem Motorrad dann trotzdem noch geschafft habe, hat mich total gefreut. Das Café und die Geschichte die dahinter steht, haben den Besuch für mich gelohnt, definitiv.
Windsor (Castle): Schade, durch den Besuch des Ace - Cafés hat sich die Anfahrt bis nach Windsor dann doch weiter hinausgezögert als geplant. Die Konsequenz war eine verschlossene Eingangstür zum Ticket - Office. Ab 16°° ist Feierabend mit der Schlossbesichtigung. Es reicht dann nur noch für den Garten, bei identischem Eintrittsgeld. Sorry, so dicke habe ich es dann doch nicht ;-)). Der Ort ist wunder- wunderschön. Man kann erkennen das dort viel Geld im Umlauf ist, was sich auch an der nahegelegenen Universität zu erkennen gibt.
Den Track dieser Tour kann man im Bereich Downloads herunterladen...
Auf der Karte sind an einigen Stellen so genannte Pins zu erkennen. Diese Pins sind Highlights oder besondere Hotspots, die wir zu Hause festgelegt haben und sowohl Sehenswürdigkeiten als auch unser Hotel vor Ort zeigen können. Für weitergehende Informationen muss man dann bitte die Datei in ein Navigationsprogramm laden und vor Ort schauen was dort gezeigt wird.
Die Reise wurde als Video hier aufbereitet:
Teil 1: https://youtu.be/9E_bS0R4Gg0
Teil 2: https://youtu.be/NgwxLgwFTa8