Ich kann mich erinnern als wäre es gestern gewesen. In Wirklichkeit war es jedoch irgendwann und irgendwo im Sommer 2015, an einem Tag, an dem wir alle in einer leichten Bierlaune über vergangene und zukünftige Urlaube resümiert haben. Wir haben geschwärmt, gelacht und fantasiert. Auch wenn ich mit meinem Motorrad in Europa schon sehr viel gesehen habe, so hat mich die Motorradtour auf dem Jakobsweg, dem Camino Frances, am meisten beeindruckt und nachhaltig bewegt. Ich habe meinem Nachbarn / Freunden immer wieder davon erzählt wie schön und besonders diese Motorradtour war, die ich im Jahr 2014 mit dem Motorrad, auf dem Jakobsweg absolviert habe.
Mit dem Motorrad ist das wirklich nichts besonderes, aber ich war mächtig stolz auf mich, dieses Gefühl der Zufriedenheit noch heute in mir zu haben und es damals in vollen Zügen genossen zu haben. Doch das ist mittlerweile Vergangenheit. Während der nächsten Treffen unserer Nachbarschaft hat sich herauskristallisiert, dass das Thema Jakobsweg noch längst nicht vom Tisch ist und die Erzählungen noch längst nicht beendet sind. Immer häufiger durfte ich von den Erlebnissen erzählen und je mehr ich davon erzählt habe, um so mehr kam ich ins Schwärmen und habe mir gewünscht, diese Strecke noch einmal für mich erleben zu dürfen. Und so hat es sich ergeben, dass zwei Nachbarn, die mittlerweile viel mehr verbindet als die ordinäre Freundschaft, sich entschlossen haben in Zukunft diesen Weg gemeinsam zu absolvieren. Was in der ersten Zeit noch wie ein ordinäres Männer - Blabla geklungen hat, hat sich im Laufe der folgenden Monate zu einem festen Ziel entwickelt, an dem wir alle festgehalten haben und welches mittlerweile mit Blut in den Kalender geschrieben wurde. Die Personen, die uns anfänglich nur müde belächelt haben, waren mittlerweile erstaunt, mit welcher Energie und welchem Enthusiasmus wir immer häufiger von dem "großen Ziel" gesprochen haben. Als die Leidenschaft und Vorfreude dann immer größer wurde mussten "zwangsläufig" Fahrräder her. Zuerst nur aus Spaß, später aber mit dem echten Ziel Gewicht zu sparen und auf der gemeinsamen Tour nicht mit einem uralten Bock hinter allen anderen hinterher fahren zu müssen. Und um uns mental in die Knie zu zwingen und den Druck auf uns Männer noch zu erhöhen, kamen plötzlich Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke, die keinen Zweifel daran ließen, dass auch unsere Frauen den dringenden Wunsch verspürten, uns außer Haus zu schicken. Und zwar zügig...
Der Druck von außen wurde immer größer, denn wir haben von unserer großen Tour erzählt und alle hielten uns jetzt für Superhelden. Kneifen Superhelden, niemals! Das Jahr 2018 ist das Jahr der Entscheidung. Der Flug wurde gebucht. Von Mitte September bis in die erste Oktoberwoche hinein werden wir innerhalb von 17 Tagen versuchen, den Jakobsweg von Pamplona aus, bis nach Santiago de Compostela zu bezwingen. Mit dem Jahr 2018 beginnt auch unweigerlich die Zeit der peniblen Vorbereitung im Bezug auf Tourenplanung, Übernachtung, Gepäck und Fahrradzubehör... doch dazu später mehr.
Was ist bisher passiert...?
Mitte 2015 habe ich mich entschlossen mir ein ROSE "Multisport" Trekkingbike zu kaufen. Hochwertig ausgestattet, jedoch ohne weiteres Zubehör. Völlig nackt, sozusagen. An den Jakobsweg habe ich damals noch keinen Gedanken verschwendet. Dieses Bike hat sich innerhalb der Reisezeit hervorragend geschlagen. Es war ein toller Kauf damals.
[Quelle: https:\\www.rosebikes.de]
Anschließend habe ich mich für ein ordentliches Fahrradschloss entschieden. Gelegenheit macht ... Man kennt das. Das galt es zu vermeiden.
[Quelle: https://mobil.abus.com/de/Privat/Fahrradschloesser]
Beleuchtung war "leider" auch keine dabei. Glücklicherweise hatte ich jedoch welche vorrätig und konnte sie per Steckverbindung nahtlos von meinem alten Fahrrad übernehmen. Bei längeren Touren und allem bei nassen Wetter waren Steckschutzbleche unumgänglich. Lange habe ich es vermieden, wollte ich doch zwingend den sportlichen Charakter des Bikes aufrecht erhalten. Manchmal ist einfach wichtig, sein altes Ego zu streicheln ;-). Je länger die Touren und aufwändiger die Strecken, um so wichtiger war die Montage eines GPS - Gerätes, samt Halterung. Das kann ich glücklicherweise zwischen Fahrrad und Motorrad wechseln. Mit der o.g Standardausrüstung bin ich also die letzen Monate unterwegs gewesen. Alles was jetzt kommt ist faktisch nur für die Urlaubsvorbereitung auf meinen Jakobsweg...
Zu Weihnachten bekam ich einen - für mein Empfinden - erstklassigen Fahrrad - Reiseführer geschenkt. Inhaltlich bietet er alles, was ich für die Tour gebrauchen kann. Beurteilen kann ich das jedoch erst, wenn ich ihn benutzt habe. Logisch, oder?
[Quelle: https://verlagshaus24.de/bruckmann/]
Obligatorisch ist natürlich die Routenplanung per *.gpx - Daten, die ich dann auf mein GPS - Gerät überspielen werde. Alle Sehenswürdigkeiten und Tagesetappen sind dann immer dabei. Die Strecke hat eine Länge von 840 Kilometern, die wir - mit Tagespausen - in gut 15 Tagen absolvieren müssen / wollen...
Ich bin ziemlich aufgeregt. Endlich ist er angekommen. Der Pilgerausweis für die Entdeckung des Camino Frances. Mit diesem Ausweis bin ich berechtigt, die Herbergen / Refugios auf dem Weg als ausgewiesener Pilger zu nutzen. Normalerweise kostenlos, erwartet man jedoch eine kleine Spende. Die freien Seiten werden jeweils in den Pilgerbüros abgestempelt und ermöglichen den Empfang der sog. "Compostela" (Pilgerurkunde) in der Kathedrale in Santiago! Zwingende Voraussetzung für die Urkunde ist die Bewältigung der letzten 100 Kilometer zu Fuß, oder 200 Kilometer per Rad, oder Pferd. Dann müssen auch immer zwei Stempel pro Tag in den Pilgerpass. Für mich bedeutet der Empfang des Passes den mentalen Start im Herbst. Jetzt geht es mit der Beschaffung der Ausrüstung weiter...
Mit einem Gutschein meines örtlichen Fahrradhändlers hat sich die spontane Anschaffung einer Lenkertasche samt Adapter wirklich gelohnt. Diese Tasche dient dazu, während der Tour die "immerdabeihaben" - Artikel verstauen zu können. Alle Wertsachen und ganz persönlichen Gegenstände werden in dieser Tasche ihren Platz finden. Verlasse ich mein Fahrrad, lässt sich diese Tasche mit einem Klick auf den Adapter in Windeseile lösen und per Schultergurt wie eine Fototasche nutzen.
[Quelle: https://www.norco-bags.de/]
Meine nächste Investition werde ich für ein paar knackige Bikerschuhe verplanen. Die Ansprüche an diese Schuhe sind hoch, denn die Sohle muss stabil genug sein für die gezackten Pedale, der Schuh sollte wasserdicht sein und sich natürlich auch bequem tragen lassen, wenn man mal ohne Fahrrad unterwegs sein sollte. Das sie so ganz nebenbei auch noch "schick" sein sollten, versteht sich ja von selbst ;-). Ich habe lange gesucht, denn mein erster Gedanke war auch der, dass sie wasserdicht sein sollten. Davon habe ich mich nach einigem Austausch mit Gleichgesinnten jedoch schnell distanziert. Warum? Weil ich denke das ein wasserdichter Schuh für mich auf dem Fahrrad keinen Sinn macht, denn wenn es regnet, dann kommt das Wasser von allen Seiten. Was nützt mir dann Wasserdichtigkeit? Vor allem dann, wenn das Wasser von oben kommt, z.B. den Hosenbeinen, die ja beim Radfahren nicht schlüssig auf den Schuh aufstoßen. Dann organisiere ich mir doch besser Regengamaschen! Beim Wandern ist das anders, dort kommt die Feuchtigkeit entweder von unten, oder aber die Hosenbeine schützen gegen ein Eindringen von oben. Meine Theorie.
[Quelle: https://fiveten.co.nz/]
Die Wahl eines passenden Gepäckträgers war eine wochenlange und nicht endende Geschichte. Der Grund dafür ist die Tatasache, dass ROSE Bikes "eigene" Rahmen haben, die mit den Standard - Befestigungspunkten für Schutzblech, Gepäckträger und anderen Sachen leider nichts gemein haben. Zumindest in meinem Fall. Mein Fahrrad gibt es noch in der Ausführung als Citybike, welches zum damaligen Zeitpunkt mangels "Sportlichkeit" jedoch nicht zum tragen kam. Mit anderen Schutzblechen aus Metall und weiteren Zubehörteilen hätte ich MEIN Bike dann aber teuer umrüsten können, was mir die kurze Nutzung und der Urlaub aber nicht wert waren.Ich habe mich darüber sehr geärgert und lange nach Alternativen gesucht... und endlich auch gefunden (... obwohl der Markt riesig ist). Also Augen auf beim Fahrradkauf!
VauDe Karakoroum - Packtaschen mit 65 ltr. Inhalt. Ich verweise hier gerne auf den Hersteller, da ich die Zahlen, Daten und Fakten nicht unnützerweise hier wiederholen möchte. Ich möchte es jedoch nicht versäumen diesen Taschen meine vollumfängliche Empfehlung auszusprechen! Der Markt für Fahrradtaschen, die mit diesen vergleichbar sind ist überschaubar und ich kann auf keinerlei Vergleiche hinweisen. Jedoch haben sich diese Taschen in vielerlei Hinsicht sehr gut bewährt. Ich war zweieinhalb Wochen mit diesen Taschen unterwegs und habe das Platzverhältnis als üppig empfunden. Faktisch hätte ich mit deutlich weniger Gepäck auskommen können, die Taschen könnten also auch kleiner sein. Die Zugänglichkeit aller Taschen und des Gepäcks ist durch die gute Anordnung der Reißverschlüsse an den Seitentaschen gut gelöst, denn sie öffnen sich bogenförmig bis fast an den Boden. Man muss also nicht mühsam herumkramen, wenn man Gepäck aus der untersten Ebene haben möchte. Die Bestigung der Taschen am Gepäckträger ist super einfach und vor allem sicher gelöst. Schnellverschlüsse machen den Wechsel der Taschen zur Sekundensache und "Haltearme" im unteren Bereich sorgen für einen sicheren Halt, auch wenn es mal offroad geht... Alle Befestigungspunkte sind anpassbar auf alle x- beliebigen Trägervarianten am Markt. Adapter für verschiedene Rohrdurchmesser liegen anbei. Ich hatte großes Glück bezüglich des Wetters. Wir hatte nicht ein einziges Mal Regen ;-)). Insofern fällt es mir schwer, die Regentauglichkeit der ganzen Konstruktion, insbesondere die Dichtigkeit und Handhabung der beigefügten Regenhaube, zu beurteilen...
Neue Schläuche und Mäntel sind obligatorisch für die Tour und sollten wegen der guten Erfahrung auch identisch mit den bisherigen sein. Als Fahrradmantel habe ich wieder den "Schwalbe Smart Sam" benutzt, der mich auch zu Hause schon in allen Belangen zufrieden stellt.
Unterhemden mit "Schnelltrocknung" und "Klimafunktion" sind usus. Einmal die Marke GONSO und einmal die Eigenmarke der Firma Stadler. Der Unterschied der beiden Hemden war nicht wirklich spürbar, auf diese Art der Hemden möchte ich jedoch nicht mehr verzichten, da trotz größter Anstrengungen, die Kleidung nie "schwitznass" war. Zukünftig würde ich aber keine ärmellosen Hemden mehr kaufen. Kurzärmelig habe ich als angenehmer zum Tragen empfunden. Regenjacke- und Hose. Beides Eigenmarken der Firma Stadler. Ich hatte das große Glück, auf der Reise beide Sachen nicht benutzen zu müssen, jedoch habe ich beim vorherigen Test zu Hause festgestellt, dass ich in der Regenjacke sofort schwitze... Ob das normal ist und in einer Jacke, die mit Klimamembran mehrfach so teuer ist, auch vorkommt, kann ich nicht sagen. Mir persönlich waren die Preise für Regenkleidung mit Klimamembran zu teuer. Aber vielleicht lerne ich ja dadurch...
Die wichtigsten Sachen sind damit abgehakt, kleinere Besorgungen habe ich anhand der Packliste noch organisiert, sind aber nicht der Rede wert...
Für Pilger, die aus Arbeitnehmersicht eine scheinbar endlose Zeit haben den Weg zu erwandern, oder mit dem Rad zu erfahren, ist es wahrscheinlich völlig egal ob noch ein, zwei, oder mehr Tage für die An- und Abreise verstreichen. Für den ordinären Arbeitnehmer hingegen wird es schon ziemlich schwer drei Wochen in einem Stück zu nehmen, den Weg zu bewältigen und dann noch eine adäquate An- und Abreise zu organisieren. Das Thema der Anreise zu unserem Startpunkt nach Pamplona haben wir rein pragmatisch gelöst. Unsere Lösung ist so einfach wie günstig, denn sie erfolgt schlichtweg mit dem Flugzeug, unserem Handgepäck und dem Fahrrad als Sportgepäck in einer besonderen, für Fahrräder zugelassenen Verpackung. Die Vorbereitungen halten sich im Rahmen und beschränken sich beim Fahrrad lediglich darauf den Lenker quer zu stellen, die Pedale abzubauen und die Luft aus den Reifen zu lassen. Am Flughafen selber kaufen wir dann einen großen Pappkarton in den wir das vorbereitete Fahrrad stellen, ordnungsgemäß sichern und dann eine Gepäckaufgabe als Sportgepäck vornehmen. Unser Flugticket beinhaltet ein Gepäckstück bis zu 20 kg. Das Fahrrad ist aus dieser Berechnung herausgenommen, das bezahlen wir mit ca. 40.-. Das bedeutet für uns, dass wir aus den vielen Taschen und Rucksäcken, die wir mit uns führen, am Flughafen ein großes Gebinde mit einer sog. "Stretchmaschine" (Gepäckwrapping) produzieren müssen, um sie als EIN Gepäckstück am Check-In aufzugeben. Ganz persönliche und wirklich wichtige Sachen, die wir immer bei uns führen wollen, können wir dann als Handgepäck in der Kabine mit uns führen. Für die Rückfahrt ab Santiago de Compostela könnte die Prozedur genauso aussehen, muss sie aber nicht. Nach einigen Recherchen hat sich herauskristallisiert, dass es diverse Speditionen und Poststationen gibt, die dem Pilger den Transport des Fahrrades in die Heimat auf verschiedene Art und Weise anbieten. Wir haben noch einige Monate Zeit und werden bis dahin sicherlich die für uns beste Variante auserkoren haben. Derzeit favorisiere ich die Variante mir einen Fahrradkarton online zu kaufen, das Fahrrad mit diesem auch per Flugzeug ab Hamburg zu verschicken, aber auf der Rückfahrt das Fahrrad vor Ort auf den Versand per Spedition vorzubereiten. Sollten die "kleinen" Kartons von der Fluggesellschaft IBERIA doch so passen das das Fahrrad hineinpasst, dann wäre es mir lieber dieses auch mit mir mitzuführen. Zu diesem Thema müssen wir aber noch ein wenig recherchieren...
Das Thema Übernachtungen betrachte ich derzeit sehr entspannt. Wir buchen nichts im voraus da wir nicht wissen inwieweit unsere Tagestour durch Besonderheiten gestört wird. Ob wir Hostels, Pilgerherbergen, Hotels, oder Pensionen finden, wird sich wohl erst vor Ort zeigen. Auch die Absprache, ob wir Einzel- oder Doppelzimmer fokussieren, wird sich wohl erst nach der ersten gemeinsamen Übernachtung zeigen... Bisher habe ich außerordentlich gute Erfahrungen mit der App von "Booking.com" gemacht, um die Verfügbarkeit von Räumlichkeiten sehr kurzfristig zu prüfen und zu buchen.
Ein Tagebuch der Tour gibt es hier nicht zu lesen, vielmehr meine Facebook - Einträge, die ich jeden Tag für die "Welt da draußen" gepostet habe... Das ist wie (m)ein Tagebuch, nur lebendiger! Also viel Spaß. Einfach mein Profil aufsuchen und Jakobsweg suchen...